Evangelische Martinskirche, Mannheim

Da die Gebäudeunterhaltungskosten der Gemeinde im Missverhältnis zu deren Einnahmen standen, wurden Kirchengrundstücke, das alte Gemeinde- und das Pfarrhaus verkauft, um den Umbau der Martinskirche finanzieren und realisieren zu können. Durch das „Gesundschrumpfen“ konnte die Gemeinde das Kirchengebäude und dadurch auch ihre unabhängige Kirchenarbeit aufrechterhalten.

Kategorie:
Sakralbau

Fertigstellung:
2016, LPH 1-9

Ort:
Mannheim, Baden-Württemberg

Erdgeschoss Gemeinderaum
Obergeschoss Sakralraum
Konzeptmodell

In den bestehenden Kirchenraum wurde ein ruhiger, räumlich komplexer Holzkörper eingestellt, der unterschiedliche Nutzungen und Anforderungen des Gemeindewesens aufnehmen kann. 

Ein Holzkörper, der bildhaft aus einem subtraktiv bearbeiteten Holzblock mit rudimentär, reduzierter Gestaltung gearbeitet wurde, für die Funktionen, die diesem Einbau ihre Form geben.

Durch das „Haus im Haus Konzept“ wurde Platz für die räumliche Trennung von sakralem und profanem Bereich geschaffen. Der Sakralraum wurde angehoben und der unterhalb entstandene (Profan-)Raum für das Gemeindewesen bestimmt. Die Orientierung des gesamten Holzkörpers richtet sich nach der ursprünglichen Ausrichtung des Kirchenraumes und ist von den Außenwänden des Bestandsgebäudes ringsum gelöst. Somit kann der Kirchenraum nach wie vor als ein zusammenhängender sakraler Raum wahrgenommen und erfahren werden.

Mit Hilfe des flexiblen Trennwandsystems können unterschiedliche Räumlichkeiten geschaffen werden, so ein großer Gemeinderaum oder auch für parallele Nutzung kleinere Räume. 

Das Tragwerk des eingestellten Baukörpers ist in den wesentlichen Bauteilen eine Massivholzkonstruktion aus Weißtanne mit Brettsperrholzelementen für die tragenden Wandscheiben und einer Brettstapeldecke. Auch der Aufzug und die Treppenanlage wurden vollständig in Massivholz ausgeführt. Abgesehen von den Akustikdecken im Erdgeschoss ist die Konstruktion in Sichtqualität mit verdeckten Verbindungsdetails ausgeführt, um dem Gestaltungskonzept eines subtraktiv bearbeiteten Holzkörpers zu entsprechen. Diesem Ziel folgt auch die Reduktion der Fugen in den Wandansichten.

Eingangsbereich Sakralraum und Sakristei

Für die Stärkung des gesamten Sakralraumes mit seiner homogenen Materialität aus Weißtanne wurde auch für die Prinzipalien diese Holzart gewählt. Ausschließlich die Oberflächen der Objekte wurden in ihrer Bearbeitung differenziert, da deren unterschiedliche Oberflächen durch die Reflektion des Lichtes betont werden.

Die Orgel wurde aus der Bestandkirche übernommen, abgebaut und an neuer Position im neuen Sakralraum eingebaut.

Auch die Kirchenbänke wurden aus der Bestandskirche übernommen, aufgearbeitet und im neuen Sakralraum aufgestellt. Ergänzt werden die neuen Kirchenbänke in den Gemeinderäumen mit entsprechenden Stühlen.

Da der Holzkörper an beiden Längsseiten relativ große Auskragungen besitzt, wurde die Brüstung des Sakralraumes als durchlaufender Überzug konstruiert und mit den dort entstehenden Lasten aus der Decke als Kragarm bemessen.